Oranienstadt kann Schutzschirm zuklappen

Gießens Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich hat uns jetzt aus dem Kommunalen Schutzschirm des Landes verabschiedet und unsere Konsolidierungserfolge gewürdigt. Dillenburg hat die Vorgaben des Schutzschirms erfüllt – und das sogar früher als vertraglich mit dem Land vereinbart: ganze zwei Jahre eher kann der Schirm nun zugeklappt werden. „Ich freue mich sehr darüber, dass die Oranienstadt Dillenburg aus dem Schutzschirm des Landes entlassen werden konnte. Die Entschuldung eröffnet ihr viele Möglichkeiten für zukünftige Vorhaben der Stadt und schafft Gestaltungsspielräume“ erklärte der Regierungspräsident bei seinem Besuch im Rathaus.

Massive Gewerbesteuereinbrüche

Als Industriestandort, der vor allem durch die Automobilzulieferbranche geprägt ist, hatte Dillenburg massiv unter den Folgen der Weltfinanzkrise 2008 mit drastischen Steuerertragsausfällen zu leiden. Allein die Gewerbesteuereinnahmen brachen um über 70 % ein. Hohe Zins- und Tilgungslasten sowie Kreditmarktschulden drohten den finanziellen Spielraum wegzunehmen. Deswegen beschloss die Stadtverordnetenversammlung im November 2012, einen Vertrag mit dem Land Hessen auf der Grundlage des Hessischen Kommunalen Schutzschirmgesetzes abzuschließen. Für Dillenburg wurde daraufhin ein Betrag in Höhe von 11,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, mit dem ein Großteil der Kredite abgelöst werden konnte, um finanziell handlungsfähig bleiben zu können. Diese Summe machte 46 % der Schulden aus, knapp 500 Euro pro Einwohner. Grundlage für die Vereinbarung war eine Selbstverpflichtung der teilnehmenden Kommunen, bis zum Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Kein leichter Weg

Die Teilnahme am Kommunalen Schutzschirm des Landes Hessen war kein einfacher Weg für die Oranienstadt. Viele Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger waren damit verbunden. „Aber sie sind kein Selbstzweck, sondern ermöglichen den Kommunen wichtige Handlungsspielräume für die Zukunft, für unsere Kinder und Enkelkinder. Diesen Erfolg haben Land und Kommunen gemeinsam hart erarbeitet und darauf können wir auch gemeinsam stolz sein. Die Herausforderung wird aber sein, auch in den kommenden Jahren auf neue Schulden zu verzichten,“ sagte der Regierungspräsident. In zehn Sondersitzungen der Dillenburger Gremien im Jahr 2012 hatte eine verantwortungsvolle Ausgabenreduzierung oberste Priorität. Erfolgreich konnten knapp 2,4 Mio. Euro pro Jahr eingespart werden. Letztlich half das Programm aber, die unverschuldete Finanzkrise zu meistern. Drei positive Jahresabschlüsse hintereinander waren unbedingte Bedingung für den Ausstieg. Diese erreichte die Kommune in den Jahren 2015 bis 2017. Nachdem die Revision des Lahn-Dill-Kreises in 2019 die Jahresergebnisse entsprechend geprüft hatte und im Sommer 2020 die Entlastung durch die Stadtverordnetenversammlung erfolgte, erfüllte sie die letzte Voraussetzung, um das Programm verlassen zu können.

Dank an Bürgerinnen und Bürger

„Das ist ein gutes Ergebnis und nachhaltiger Beitrag die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit unserer Stadt zukünftig zu sichern und wir sind stolz darauf“, so Dillenburgs Bürgermeister Michael Lotz. Und weiter: „Die Zusammenarbeit mit der Finanzaufsicht des Landes, die durch den RP Gießen wahrgenommen wurde, war in der gesamten Zeit sehr gut und kollegial“, betont das Stadtoberhaupt. Ganz besonders wichtig ist ihm aber der Dank an die Bürgerinnen und Bürger, ohne deren Unterstützung das vorzeitige Erreichen des Schutzschirmziels nicht möglich gewesen wäre. Viele Helfer hatten sich eingebracht, um ehrenamtlich die Pflege von Grünflächen und die Instandhaltung von Hütten und Wegen zu übernehmen oder um sich an Renovierungskosten zu beteiligen oder für bestimmte Projekte zu spenden.

Zum Kommunalen Schutzschirm

Die Landesregierung hatte den Schutzschirm im Jahr 2012 ins Leben gerufen, um 100 konsolidierungsbedürftigsten Kreisen, Städten und Gemeinden Hessens mit rund drei Milliarden Euro Landesgeld beizustehen und wieder eine Perspektive zu eröffnen. Dafür stellte das Land 2,8 Milliarden Euro an Entschuldungshilfen und bis zu 400 Millionen Euro an Zinsdiensthilfen zur Verfügung. Mit Feststellung der Erfüllung der Konsolidierungsverträge zum 31. Dezember 2019 werden alle noch unter dem Schutzschirm stehenden Kommunen aus dem Schutzschirm entlassen. Die Entschuldungsbeträge sind dann rückzahlungssicher, die Berichtspflichten entfallen und die Finanzaufsicht wird wieder vom Landkreis ausgeübt.

Foto (v. l. n. r.): Finanzressortleiterin Ulrike Bellersheim, Bürgermeister Michael Lotz, Stadtverordnetenvorsteher Klaus-Achim Wendel, Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich und Büroleiter Reiner Pulfrich bei der Übergabe des offiziellen Entlassungsschreibens im Rathaus (Foto: Oranienstadt Dillenburg)