Waschbären gelten bei vielen Menschen als niedlich, allerdings werden sie in Hessen zunehmend zu einem ernsten Problem. Was vielen nicht bewusst ist: Waschbären gehören zu invasiven gebietsfremden Arten. Die ursprünglich aus Nordamerika stammenden Tiere breiten sich seit ihrer Aussetzung am Edersee im Jahr 1934 auch in Hessen weiterhin rasant aus. Sie gefährden die heimische Fauna, indem sie unter anderem Vögel, Amphibien und Reptilien geschickt aufspüren und anschließend fressen. Besonders in städtischen Gebieten, wo die Tiere kaum natürliche Feinde haben, entstehen mittlerweile extreme Populationsdichten, in Städten wie Kassel leben schätzungsweise bereits zum Teil mehr als 100 Waschbären auf einer Fläche von nur einem Quadratkilometer.
Die größten Missverständnisse
Rund um den Umgang mit Waschbären kursieren viele Irrtümer. So wird oft behauptet, eine Bejagung führe zu einer stärkeren Vermehrung der Tiere, dieses Argument basiert jedoch auf der Fehlinterpretation einer Studie aus dem Jahr 1990. Wissenschaftliche Studien oder validierte Daten, die darauf deuten, dass die Bejagung zu einer Zunahme der Waschbärenpopulation führen könnte, gibt es bislang jedoch nicht. Auch der Vorschlag, Waschbären stattdessen zu kastrieren, ist weder praktikabel noch rechtlich zulässig. Eine gezielte Kastration und anschließender Aussetzung von mehreren Hunderttausend Tieren wäre organisatorisch unmöglich und widerspricht geltendem EU-Recht bezüglich Umgang mit invasiven Arten. Ebenso ist die Behauptung, Waschbären lebten in matriarchalischen Sozialstrukturen und seien daher besonders sensibel gegenüber Eingriffen, wissenschaftlich nicht belegt.
Was tut die Politik?
In Hessen plant das Umweltministerium die Jagdzeit für Waschbären künftig ganzjährig freizugeben. Bislang gilt zwischen März und Juli eine Schonzeit, welche jedoch angesichts der fortschreitenden Ausbreitung zunehmend infrage gestellt wird. Schon jetzt liegt die jährliche Zahl der erlegten Waschbären um die 40.000 – und dennoch nimmt die Population weiter zu. Tierschutzorganisationen und einige Umweltschutzverbände äußern jedoch Bedenken, ob allein die Jagd langfristig ausreichen wird, um das Problem nachhaltig in den Griff zu bekommen.
Was können Bürgerinnen und Bürger tun?
Auch wenn viele Menschen keinen direkten Kontakt mit Waschbären haben lohnt es sich Vorkehrungen zu treffen – insbesondere, wenn man in unmittelbarer Nähe von Waldgebieten wohnt. Eine der wichtigsten Maßnahmen besteht darin, das eigene Haus möglichst waschbärsicher zu gestalten. Dazu gehört etwa auf das Dach ragende Äste zurückzuschneiden, Fallrohre der Regenrinne mit glatten Blechmanschetten zu versehen und potenzielle Einstiegspunkte wie Dachluken oder Schornsteine gut abzusichern. Ein weiteres zentrales Thema ist der Umgang mit Nahrungsquellen. Waschbären sind Allesfresser und äußerst geschickt darin, Mülltonnen zu öffnen oder bereitgestelltes Tierfutter zu ergattern. Deshalb sollten Abfallbehälter fest verschlossen und erst am Tag der Abholung an die Straße gestellt werden. Fallobst im Garten sollte regelmäßig entfernt, Haustier- und Vogelfutter über Nacht ins Haus geholt werden. Je weniger Anreize die Tiere finden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese sich dauerhaft in der Nähe ansiedeln. Falls ein Waschbär dennoch ins Haus oder auf den Dachboden gelangt, sollte man nicht versuchen, ihn selbst zu vertreiben. In solchen Fällen ist es ratsam, sich an Fachleute zu wenden – etwa einen Schädlingsbekämpfer mit entsprechender Zulassung oder örtlichen Jagdpächtern.
Warum das Thema ernst genommen werden muss
Der zunehmende Waschbärenbestand ist nicht nur eine Herausforderung für den Arten- und Naturschutz, sondern auch für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer. Die Tiere verursachen Lärm, hinterlassen Kot und können durch das Eindringen ins Dachgeschoss erhebliche Schäden anrichten. Um die Problematik nachhaltig einzudämmen zu können, wird langfristig ein Zusammenspiel aus jagdlicher Regulation, baulicher Vorsorge und korrekt informierter Bevölkerung erforderlich. Waschbären sind nachtaktiv, anpassungsfähig und durchaus intelligent. Wer sie verharmlost oder vermenschlicht, unterschätzt sehr leicht die letztendlichen Folgen für die heimische Artenvielfalt. Deshalb sind Aufklärung und realistische Einschätzung wichtig, beispielsweise durch das Projekt ZOWIAC oder Informationen des Hessischen Tierschutzportals. Diese betonen: Ein verantwortungsvoller Umgang mit Wildtieren ist kein Widerspruch zu ihrem Schutz, sondern vielmehr Voraussetzung dafür.
Fazit
Waschbären mögen auf den ersten Blick putzig wirken, doch in der Realität stellen sie eine wachsende Gefahr für die heimische Artenvielfalt und die städtische Infrastruktur dar. Mit einfachen Maßnahmen können Bürgerinnen und Bürger aktiv dazu beitragen, Konflikte mit den Tieren zu vermeiden. Gleichzeitig ist es wichtig, populären Irrtümern nicht aufzusitzen und sich fundiert zu informieren – etwa über die Plattform zowiac.eu, welche einen aktuellen Faktencheck rund um das Thema Waschbären bietet.