Am oberen Stadthallen-Parkplatz und entlang des Ho-Chi-Minh-Pfads wird das Forstamt Herborn ab dem 29. März aus Verkehrssicherungsgründen mehrere Bäume aus dem Stadtwald entfernen. Dabei handelt es sich überwiegend um Buchen, es sind aber auch Eichen darunter. Die Bäume haben insbesondere durch die letzten beiden Dürresommer solche Schäden davongetragen, dass ein Umfallen auf den Parkplatz, auf den Weg oder in angrenzende Häuser nicht ausgeschlossen werden kann. Die Maßnahme wird einen Zeitraum von mindestens einer Woche in Anspruch nehmen. Für die Dauer der Arbeiten ist der obere Stadthallen-Parkplatz und der Ho-Chi-Minh-Pfad gesperrt.
Schäden durch Trockenheit
Die trockene und warme Witterung der vergangenen Jahre hat bleibende Schäden in Hessens Wäldern hinterlassen. Die ausbleibenden Niederschläge im Sommer können vielerorts durch die Niederschläge im Winter nicht mehr ausgeglichen werden, die Wasserspeicher füllen sich nicht mehr vollständig auf. Unter diesen Niederschlagsdefiziten haben alle Baumarten zu leiden. In den letzten drei Jahren sind bei der Buche als auch bei der Eiche die Auswirkungen dieser Klimaextreme verstärkt sichtbar geworden. Anzeichen hierfür sind u.a. das vermehrte Absterben von Ästen in der Krone, welches als sogenannte Zopftrocknis bezeichnet wird. Auch die vorzeitige Herbstfärbung, der vorzeitige Laubfall und allgemein geringe Belaubung gehören zu den Anzeichen von Trockenstress.
Nach der Trockenheit kommen die Schädlinge
Im späteren Verlauf kommt es durch diesen Stress, ähnlich wie bei der Fichte, zum Befall mit Schadinsekten und Pilzen. Das Besondere an dem genannten Schadverlauf ist, dass dieser nicht nur an einzelnen Bäumen, sondern flächig in ganzen Waldbeständen auftritt. Dabei sind insbesondere auch die steilen Südwesthänge im Bereich des Stadthallenparkplatzes betroffen. Aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung kommt es hier verstärkt zur Aushagerung im Boden und Schäden an der Rinde der Bäume durch Sonnenbrand. Die Schäden wurden bei einer Baumkontrolle durch das Forstamt Herborn Anfang März festgestellt und sind so umfangreich, dass die Oranienstadt als Eigentümerin jetzt reagieren muss.
Fällungen dulden keinen Aufschub
Für die absterbenden Bäume wird aus Sicht des Forstamtes eine dringende Notwendigkeit der Fällung gesehen, da sie durch ihren Standort und ihrer nicht mehr zu gewährleistenden Standsicherheit eine akute Gefahr für die Benutzer des Stadthallenparkplatzes, der Spaziergänger im Bereich des Weinberges und der Anwohner der angrenzenden Bebauung darstellen. Der Herborner Forstamtsleiter Jochen Arnold dazu: „Die Wälder ragen zum Teil weit in die bebauten Bereiche hinein. Bei kranken Bäumen schreitet die Fäulnis unaufhörlich fort. Gerade an Straßen und Bebauungsrändern können wir keine Risiken eingehen. Deshalb sind diese sehr aufwändigen Maßnahmen immer wieder einmal erforderlich.“ Leider sind bei der bevorstehenden Fällung auch sogenannte Habitatbäume betroffen. Deswegen und weil am 1. März die Brut- und Setzzeit begonnen hat, die Fällung aus Sicherheitsgründen aber keinen Aufschub mehr erfahren darf, hat das Forstamt die Maßnahme mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt.
Vogelkirsche und Spitzahorn als Ersatz
Im Zuge der Arbeiten werden Stämme der gefällten Bäume im Zuge des Biotop- und Artenschutzes als Totholz im Wald belassen, die dem natürlichen Lauf überlassen werden und so weiterhin vielen Lebewesen wichtigen Raum zum Leben bieten. Das Bild am oberen Stadthallenparkplatz wird lichter. Für die entstandenen Lücken in dem relativ steilen Hangbereich ist eine Ersatzaufforstung mit Baumarten geplant, die für die heimische Vogel- und Insektenwelt besonders attraktiv sind. Hierzu zählen beispielsweise die Vogelkirsche und der Spitzahorn. Durch diese Anpflanzung können hier attraktive Waldränder mit großer Vielgestaltigkeit durch Blüten, Früchten und Herbstfärbung erzielt werden. Gerade die Vogelkirsche und der Spitzahorn kommen natürlicherweise auf trockeneren Standorten vor und sind damit im Hinblick auf den Klimawandel für den gedachten Standort gut geeignet. Die bereits vorhandene Naturverjüngung der Buche und die zum Teil schon vorhandenen Kirschen können in eine Neugestaltung mit eingebunden werden.
Oberer Stadthallenparkplatz für eine Woche gesperrt
Um Verkehrsteilnehmer, Wanderer, Spaziergänger und Anwohner zu schützen, werden die Beschäftigten des Forstamts deswegen die Bäume ab dem 29. März fällen. Der obere Stadthallen-Parkplatz muss aus Sicherheitsgründen für mindestens eine Woche voll gesperrt werden. Auch im Bereich des Ho-Chi-Minh-Pfades sollen im Anschluss der Maßnahme an der Stadthalle Fällungsarbeiten aus verkehrssicherungstechnischen Gründen durchgeführt werden. Daher wird es auch in diesem Bereich zu vorübergehenden Sperrungen kommen. Aus Sicherheitsgründen werden außerdem alle Wanderwege im Bereich des Weinbergs, die im Gefahrenbereich der Fällungsarbeiten liegen, gesperrt. Waldbesuchende haben diese Sperrungen zum Schutz von Leben und Gesundheit unbedingt zu beachten. Das Forstamt Herborn weist außerdem darauf hin, dass durch feuchte Witterung und den Einsatz von großen Maschinen Verschmutzungen oder Beschädigungen der Wald- und Wanderwege auftreten können. Diese werden, sobald die Witterung es erlaubt, nach Abschluss der Arbeiten wieder beseitigt.
Hintergrund
Die Oranienstadt ist Eigentümerin von rund 4.000 Bäumen im bebauten Gebiet und verfügt über einen Waldanteil von über 50 % in der Gemarkung. Sie haftet für die Verkehrssicherheit ihrer Bäume. Verkehrssicher bedeutet, dass von einem Baum keine Gefahr für Dritte ausgeht. Dies gilt auch für Privatleute und demzufolge für Bäume in Privatgärten. Der Eigentümer muss handeln, wenn der Baum augenscheinlich krank ist. Totäste, Pilzfruchtkörper und Faulstellen sind Anzeichen, die auch Laien erkennen können. Bäume an öffentlichen Stellen hingegen müssen regelmäßig kontrolliert werden. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, haftet er für Schäden, die durch den Baum verursacht werden. Um Anwohner*innen und Verkehrsteilnehmer*innen zu schützen, sind von Zeit zu Zeit Baumfällungen erforderlich. „Noch nie sind in Deutschland so schnell so viele Bäume abgestorben wie 2020, konstatiert auch der aktuelle Waldbericht der Bundesregierung. Der Wald ist in seinem schlechtesten Zustand seit Beginn der Erhebungen 1984. Drei Dürrejahre in Folge, der massive Borkenkäferbefall, Stürme und Waldbrände haben nicht nur zum Absterben vor allem der Fichten geführt – auch die Laubbäume leiden. Vier von fünf Bäumen haben lichte Kronen, darunter auch 80 Prozent der Eichen und 89 Prozent der Buchen“ – Quelle: Spiegel-Bericht vom 21.03.2021